Im Laufe der Ausbildung müssen angehende Industriekaufleute ihr gelerntes Wissen nicht nur in den jeweiligen Ausbildungsunternehmen anwenden, es wird in der Berufsschule auch in zwei großen Prüfungen überprüft. Bei der ersten Prüfung handelt es sich um die Industriekaufleute Zwischenprüfung. Diese findet im zweiten Lehrjahr statt. Ihr Bestehen ist eine Voraussetzung dafür, um am Ende der Ausbildung zur Abschlussprüfung zugelassen zu werden.
Die Industriekaufleute Zwischenprüfung
Mit der Industriekaufleute Zwischenprüfung erhalten die angehenden Industriekaufleute sowie die Unternehmen, bei denen sie angestellt sind, einen ersten Zwischenstand zum Wissen des angehenden Industriekaufmann beziehungsweise der Industriekauffrau. Die Ausbildungsverordnung schreibt vor, dass die Zwischenprüfung im Laufe des zweiten Lehrjahres absolviert werden muss. Die Inhalte drehen sich vor allem um die Themen, die im ersten Lehrjahr auf dem Lehrplan standen.
Die Industriekaufleute Zwischenprüfung dauert maximal 90 Minuten und ist rein schriftlich zu absolvieren. Abgefragt werden vor allem die Themen Beschaffung und Bevorratung, Produkte und Dienstleistungen sowie Kosten- und Leistungsrechnung. Die Fragen sind dabei in der Regel sehr praktisch orientiert. Es müssen meist Aufgaben oder Fälle bearbeitet werden, die einen starken Bezug zum realen Arbeitsalltag der Industriekaufleute haben.
Die Teilnahme an der Zwischenprüfung ist eine Voraussetzung, um anschließend für die Abschlussprüfung zugelassen zu werden. Die Teilnehmer erhalten nach der Prüfung eine Teilnahmebescheinigung. In dieser sind sowohl ihre Punkte als auch die durchschnittlichen Punkte aller Prüfungsteilnehmer im Kammerbezirk aufgeführt.
Auf diese Weise können sich der angehende Industriekaufmann beziehungsweise die angehende Industriekauffrau und das Unternehmen ein Bild davon machen, wo der Auszubildende im Vergleich steht und in welchen Bereichen eventuell noch Defizite liegen. Besonders im Hinblick auf die wartende Abschlussprüfung bietet die Zwischenprüfung eine gute Standortbestimmung und hilft dabei, sich in den notwendigen Bereichen zu verbessern.
Die Industriekaufleute Abschlussprüfung
Ist die Zwischenprüfung bestanden, wird wieder fleißig gelernt, bis am Ende der Ausbildung die Abschlussprüfung auf die Auszubildenden wartet. Die Abschlussprüfung ist deutlich umfangreicher aufgebaut, was man bereits daran sieht, dass es vier verschiedene Teilbereiche gibt, die mit unterschiedlicher Gewichtung in die Gesamtnote eingehen.
Der erste Prüfungsbereich dreht sich um Geschäftsprozesse und dauert 180 Minuten. Er zählt gleich zu 40 Prozent für die Gesamtnote und nimmt dementsprechend einen großen Stellenwert in der Abschlussprüfung ein. Der Themenbereich teilt sich dabei noch einmal in vier weitere Untergruppen auf, die wiederum eine unterschiedliche Gewichtung haben. Marketing und Absatz machen rund 30 Prozent der Aufgaben aus, Beschaffung und Beratung 25 Prozent, Personal rund 15 Prozent und Leistungserstellung rund 30 Prozent.
Der zweite Prüfungsbereich ist Kaufmännische Steuerung und Kontrolle. Er dauert nur 90 Minuten und geht dementsprechend zu 20 Prozent in die Gesamtnote ein. In der Regel werden in diesem Bereich vier praxisbezogene Aufgaben gestellt, die von den Auszubildenden gelöst werden müssen. Die Aufgaben drehen sich im das Thema Leistungsabrechnung. Wobei die Prüfungsteilnehmer zeigen müssen, dass sie nicht nur Kosten, sondern auch Geld- und Wertströme erfassen und aus ihnen betriebswirtschaftliche Schlussfolgerungen ziehen können.
Im letzten schriftlichen Teil der Industriekaufleute Abschlussprüfung geht es um Wirtschafts- und Sozialkunde. Mit 60 Minuten ist dies der kürzeste Abschnitt in der Prüfung. Dieser Teil geht 10 Prozent in die Gesamtnote ein. Bei den Aufgaben müssen die Prüfungsteilnehmer wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge in der Berufs- und Arbeitswelt darstellen und beurteilen. Auch hier sind die Aufgaben wieder sehr praxisbezogen aufgebaut.
Der Prüfungsbereich Einsatzgebiet ist der mündliche Teil der Abschlussprüfung. Hier erhält der Prüfling im Vorfeld eine Fachaufgabe, über die er oder sie einen Report und eine Präsentation anfertigen müssen. In der Prüfung stellt der Auszubildende seine Ergebnisse in einer Präsentation vor. Anschließend folgt ein Fachgespräch, bei dem die Dinge aus der Präsentation noch einmal vertieft diskutiert werden. Insgesamt dauert der mündliche Teil 30 Minuten. Trotz seiner relativen Kürze im Vergleich zu den anderen Prüfungsteilen macht er rund 30 Prozent der Gesamtnote aus. Zur Vorbereitung der Präsentation ist ein höchstens fünfseitiger Report zu erstellen. Präsentation und Fachgespräch sollen zusammen höchstens 30 Minuten dauern.
Mündliche Ergänzungsprüfung
Wenn die Prüfung nicht so gelaufen ist, wie man sich die Sache vorgestellt hat, besteht unter Umständen die Möglichkeit zu einer Ergänzungsprüfung. Voraussetzung dafür ist, dass der Prüfling in maximal zwei Prüfungsbereichen die Note „mangelhaft“ erhalten hat, während er in den anderen auf mindestens „ausreichend“ kam. Ist dies der Fall, kann der Auszubildende einen Antrag auf eine mündliche Ergänzungsprüfung in den mangelhaften Prüfungsbereichen stellen. Die mündliche Prüfung dauert 15 Minuten. Die schriftlichen und mündlichen Noten werden anschließend in ein Verhältnis von 2:1 gesetzt.
Was passiert bei Nichtbestehen?
Nicht bestandene Prüfungen können nach dem Berufsbildungsgesetz zweimal wiederholt werden. Die Wiederholungsprüfung wird, wie auch schon zuvor, bei der Industrie- und Handelskammer abgelegt.
Beispielaufgaben und Fragen
Konzentrieren wir uns zunächst auf den Bereich der Wirtschafts- und Sozialkunde. Hier dreht sich alles um das wirtschaftliche Umfeld in dem du und dein Unternehmen agieren. Du könntest beispielsweise danach gefragt werden, welche Faktoren die Wirtschaftsleistung beeinflussen. Hier könnte eine mögliche Antwort lauten: „Die Wirtschaftsleistung wird durch Faktoren wie den technologischen Fortschritt, die Arbeitsmarktsituation, staatliche Regulierungen und globale Ereignisse beeinflusst.“
Im Bereich Geschäftsprozesse geht es um die Abwicklung kaufmännischer Tätigkeiten in einem Unternehmen. Ein typisches Prüfungsbeispiel könnte eine Aufgabe sein, in der du einen Warenbeschaffungsprozess erklären sollst. Hier könntest du zum Beispiel antworten: „Der Prozess beginnt mit der Bedarfsermittlung, gefolgt von der Lieferantenauswahl, der Bestellung, dem Wareneingang und endet mit der Rechnungsprüfung und Zahlung.“
Für den Bereich der kaufmännischen Steuerung und Kontrolle ist es wichtig, dass du den Zusammenhang zwischen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen verstehst. Du könntest zum Beispiel gefragt werden, wie man die Liquidität eines Unternehmens beurteilen kann. Hier wäre eine Antwort: „Die Liquidität eines Unternehmens wird oft durch Liquiditätsgrade gemessen, wobei der erste Liquiditätsgrad das Verhältnis von flüssigen Mitteln zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten darstellt.“
In der Prüfung ist es wichtig, dass du die Aufgaben sorgfältig liest. Oft wird nicht nur Wissen abgefragt, sondern auch, wie du dieses Wissen in praktischen Situationen anwendest. Es ist daher ratsam, vor der Prüfung Übungsaufgaben zu verschiedenen Themenbereichen durchzuarbeiten und dabei auch auf die Anwendung des erlernten Wissens zu achten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Zeitmanagement. Du hast nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung, um alle Fragen zu beantworten. Es ist daher wichtig, dass du dir zu Beginn der Prüfung einen Überblick über die Aufgaben verschaffst und abschätzt, wie viel Zeit du für jede Aufgabe benötigst.
Beispielaufgaben aus der mündlichen Prüfung
In der mündlichen Prüfung können dir Fragen aus unterschiedlichsten Bereichen begegnen. Deshalb sich hier einige Beispiele aufgelistet:
- Frage: Beschreibe den Unterschied zwischen einem Handels- und einem Industriebetrieb.
Lösung: Ein Handelsbetrieb kauft Waren in großen Mengen ein und verkauft sie in kleineren Mengen weiter. Sie produzieren keine eigenen Waren, sondern handeln damit. Ein Industriebetrieb hingegen stellt selbst Produkte her, indem er Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe verarbeitet. - Frage: Welche Faktoren beeinflussen den Preis eines Produkts?
Lösung: Viele Faktoren können den Preis eines Produkts beeinflussen. Dazu gehören die Produktionskosten, die Wettbewerbssituation auf dem Markt, die Nachfrage, steuerliche Aspekte und gegebenenfalls staatliche Regulierungen. - Frage: Was sind variable Kosten? Gib ein Beispiel.
Lösung: Variable Kosten sind Kosten, die proportional zur Produktion oder Verkaufsmenge eines Unternehmens steigen oder sinken. Ein typisches Beispiel sind die Materialkosten: Wenn ein Unternehmen mehr produziert, benötigt es auch mehr Material, wodurch die Kosten steigen. - Frage: Welche Rechte und Pflichten hat ein Arbeitgeber?
Lösung: Ein Arbeitgeber hat das Recht, Arbeitsleistungen von den Angestellten zu fordern und Anweisungen zu geben. Er hat die Pflicht, den vereinbarten Lohn zu zahlen, für einen sicheren Arbeitsplatz zu sorgen und das allgemeine Wohl der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. - Frage: Was ist eine Bilanz und was zeigt sie?
Lösung: Eine Bilanz ist eine Aufstellung der Vermögenswerte (Aktiva) und Schulden (Passiva) eines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sie gibt Auskunft über die finanzielle Situation eines Unternehmens. - Frage: Beschreibe den Unterschied zwischen Brutto- und Nettogehalt.
Lösung: Das Bruttogehalt ist der gesamte Lohn, den ein Arbeitnehmer für seine Arbeit erhält, bevor Steuern und Sozialabgaben abgezogen werden. Das Nettogehalt ist der Betrag, der übrig bleibt, nachdem diese Abzüge vorgenommen wurden. - Frage: Was ist ein Distributionskanal? Gib ein Beispiel.
Lösung: Ein Distributionskanal ist der Weg, den ein Produkt vom Hersteller zum Endverbraucher nimmt. Ein Beispiel könnte der Verkauf eines Produkts durch ein Unternehmen an einen Großhändler sein, der das Produkt dann an Einzelhändler verkauft, die es schließlich an die Endverbraucher verkaufen. - Frage: Was ist eine Zielgruppe und warum ist sie wichtig?
Lösung: Eine Zielgruppe ist eine bestimmte Gruppe von Menschen, die ein Unternehmen mit seinen Produkten oder Dienstleistungen erreichen möchte. Sie ist wichtig, weil sie hilft, Marketing- und Vertriebsstrategien effektiv zu gestalten und Ressourcen effizient zu nutzen. - Frage: Was ist der Unterschied zwischen fixen und variablen Kosten? Gib Beispiele.
Lösung: Fixe Kosten sind Kosten, die unabhängig von der Produktions- oder Verkaufsmenge anfallen, wie z.B. Miete oder Gehälter. Variable Kosten ändern sich dagegen mit der Produktions- oder Verkaufsmenge, wie z.B. Materialkosten oder provisionsbasierte Vertriebskosten. - Frage: Was versteht man unter „Cash Flow“?
Lösung: Der Cash Flow bezeichnet den Geldfluss in einem Unternehmen. Er zeigt, wie viel Geld ein Unternehmen durch seine laufenden Geschäftstätigkeiten generiert und gibt somit Auskunft über die Liquidität des Unternehmens.
Richtige Vorbereitung
In Vorbereitung auf die Prüfung ist es wichtig, dass du dich nicht nur mit den Inhalten, sondern auch mit der Prüfungssituation vertraut machst. Du wirst in der Prüfung unter Zeitdruck stehen und musst mit der Anspannung umgehen können. Hier kann es hilfreich sein, vorher Prüfungssimulationen durchzuführen, um dich auf diese Situation einzustellen.
Die Vorbereitung auf die Abschlussprüfung für Industriekaufleute ist kein leichtes Unterfangen, aber mit der richtigen Vorbereitung, der richtigen Strategie und einer positiven Einstellung bist du gut gerüstet, um die Herausforderungen zu meistern. Lass dich nicht entmutigen, wenn du auf Schwierigkeiten stößt, sondern sieh sie als Gelegenheiten zum Lernen. Und vergiss nicht, dass die Prüfung nicht das Ende, sondern der Anfang deiner beruflichen Laufbahn ist.
Viel Erfolg bei deiner Vorbereitung und natürlich auch bei der Prüfung!